derStandard.at | Meinung | Kolumnen | Hans Rauscher 
01. September 2009
18:39 MESZ
 
Die Traditionspflege des Bundesheeres
Die Absage an den Ulrichsberg war wichtig - Nun sollte ein weiteres Vorgehen gegen diverse "Nester" folgen

Die NS-Nostalgieveranstaltung am Ulrichsberg kann nicht mehr stattfinden, weil Verteidigungsminister Darabos die Teilnahme des Bundesheeres untersagt hat. Endlich. In früheren Jahren gehörten hohe Militärs zu den Festrednern und Teilnehmern, das Heer stellte Ehrenabordnungen und besorgte den Shuttle-Dienst für betagte Waffen-SSler. Gut möglich, dass da auch unbehelligte Kriegsverbrecher transportiert wurden.

Der Ulrichsberg ist ein Symbol für den schwierigen bis katastrophalen Umgang des Bundesheeres mit dem Erbe des Dritten Reiches und der Deutschen Wehrmacht. Jahrelang hat man die freche Lüge verbreitet, hier ginge es um "Versöhnung" zwischen ehemaligen Feinden. Tatsache ist, dass schon Angehörige verschiedener Staaten dort gemeinsam feierten, allerdings ehemalige deutsche (und "ostmärkische" ) Waffen-SSler mit NS-Kollaborateuren aus diversen europäischen Ländern.

Nun ist damit hoffentlich für immer Schluss. Dies und der 70. Jahrestag des Beginns des größten Angriffs-, Vernichtungs- und Raubmord-Krieges aller Zeiten sollten auch im Bundesheer eine Wende im Denken herbeiführen. Wie es um die "Traditionspflege" im Heer steht und stand, haben General i.R. Hubertus Trauttenberg und Hauptmann d.Res.i.R. Gerhard Vogl (ehemals ORF) 2007 in einem großen Essay in der Österreichischen militärischen Zeitschrift (ÖMZ) dargelegt. Kurzfassung: Die Traditionspflege und - wichtiger - die Mentalität der Offiziere orientierte sich jahrzehntelang an der Deutschen Wehrmacht - von unkritischer Anbetung der militärischen Leistungen und einem falschen Ehrbegriff ("Eid geleistet" ) bis zu klassisch neo-nazistischer Ideologie.

Erst in den letzten Jahren begann man zaghaft die Frage zu stellen, ob man einem verbrecherischen Regime gegenüber seinen Eid halten oder "seine Pflicht tun" (Kurt Waldheim) muss; wurden Offiziere, die im Widerstand waren und starben, mit Kasernenbenennungen, Gedenktafeln etc. geehrt. Rechte Tendenzen im Heer gibt es immer noch (und schon wieder). Einer der engsten Mitarbeiter von Generalmajor Raffetseder (Militärkdo. OÖ) behauptete, die Ernennung von General Trauttenberg zum Adjutanten von Bundespräsident Klestil sei das "Werk einer jüdischen Lobby" .

Der Militärgeistliche Superior Siegfried Lochner, der die Absolventen der Militärakademie in Wr.Neustadt betreut (und H.-C. Strache firmte), behauptet, der von den Nazis ermordete Wehrdienstverweigerer Franz Jägerstätter verdiene praktisch nicht seinen Status als christlicher Märtyrer, weil sich Hitlerdeutschland ab 1943 in einem "Verteidigungskrieg" (!) befunden habe. Handlungsbedarf für Kardinal Schönborn.

Das Verteidigungsministerium war lange Zeit eine Domäne der ÖVP, die auf die ländlichen Kameradschaftsbünde Rücksicht nahm, und der FPÖ, die mehr als bedenkliche Kader (u.a. einen schlagenden "Olympen" im Heeresnachrichtenamt) unterbrachte.

Das Heer ist an sich in keinem guten Zustand. Es braucht nicht auch noch die Duldung oder gar Förderung rechtsextremer Tendenzen. Deswegen war die Absage an den Ulrichsberg so wichtig; nun sollte ein weiteres Vorgehen gegen diverse "Nester" folgen. (Hans Rauscher, DER STANDARD, Printausgabe, 2.9.2009)

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